Die neuen Zensusdaten
Der Zensus bietet eine umfangreiche Momentaufnahme der deutschen Bevölkerung und ihrer Wohnverhältnisse, einschließlich der Energieträger und Heizungsarten in Haushalten – Themen, die für unsere Arbeit und die Energiewende äußerst relevant sind. Diese umfassende Erhebung, die in Zusammenarbeit der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder durchgeführt wurde, zielt darauf ab, Informationen zu sammeln, die als Grundlage für politische Entscheidungen und Planungen dienen. Erstmals wurden im Zensus 2022 auch Daten zu den verwendeten Energieträgern der Heizsysteme erfasst. Die räumliche Auflösung der Daten reicht bis zu 100×100 m Gitterzellen. Für diesen Artikel haben wir folgende Datensätze ausgewertet:
Energieträger der Heizung in Gitterzellen: Diese Daten zeigen, welche Energieträger in den einzelnen Gitterzellen vorherrschen. Dies ist entscheidend für die Planung der Energieinfrastruktur und die Umstellung auf erneuerbare Energien. Die Verteilung der Energieträger kann Hinweise auf Regionen mit hohem Dekarbonisierungspotenzial geben.
Überwiegende Heizungsart in Gitterzellen: Die Analyse dieser Daten gibt Aufschluss darüber, welche Heizungsarten in den verschiedenen Gitterzellen dominieren. Diese Informationen sind wichtig, um den aktuellen Zustand der Heizungsinfrastruktur zu bewerten und gezielte Maßnahmen zur Modernisierung und Umstellung auf nachhaltige Heiztechnologien zu entwickeln.
Wie kommt die Wärme in die Wohnung?
Die Auswertung des Datensatzes Heizungsart aus dem Zensus 2022 gibt detaillierte Einblicke in die verwendeten Heizungsarten in den 20 Millionen deutschen Wohngebäuden bzw. ca. 43 Millionen Wohnungen. Die dominierende Heizungsart ist die Zentralheizung, die in ca. 70% der Fälle installiert ist und in ca. 15% der Wohnungen werden Fernheizungen genutzt. Die verbleibenden 15% verteilen sich auf individuellere Lösungen wie Etagen-, Einzel- und Mehrraumöfen sowie Blockheizungen. Diese Verteilung zeigt somit eine klare Präferenz für zentrale Heizsysteme.
Die starke Verbreitung von Zentral- und Fernheizungen bietet großes Potenzial für die Umstellung auf erneuerbare Energien und Effizienzsteigerungen. Zentralheizungen und Fernheizungen können durch Modernisierungen und den Einsatz erneuerbarer Energien optimiert werden. Einzel- und Mehrraumöfen sollten auf nachhaltigere Systeme umgestellt werden.
Wie wird die Wärme erzeugt?
Die im Zensus 2022 erhobenen Daten zur Wärmebereitstellung in deutschen Haushalten liefern detaillierte Einblicke in die Verteilung der verschiedenen Energieträger. Es zeigt sich ein klares Bild:
Ca. 88% der nicht an Wärmenetze angeschlossenen Wohneinheiten werden mit fossilen Energien beheizt, während lediglich ca. 12% dieser Haushalte mit erneuerbaren Energien versorgt werden.
In über 93% der nicht über ein Wärmenetz versorgten Haushalte entstehen lokale Emissionen durch Verbrennung, auch unter Berücksichtigung von Biogas und Biomasse.
Unter der Annahme, dass die Wärme in Wärmenetzen zu etwa 82,5% fossil erzeugt wird und dieser Anteil gleichmäßig auf die Wärmenetze verteilt ist, ergibt sich überschlägig ein Anteil von ca. 87% fossil versorgter Haushalte im gesamten Wärmesektor.
Gas ist der dominierende Energieträger in deutschen Haushalten mit einem Anteil von 55,9%, Heizöl wird noch in 18,8% eingesetzt. Diese hohe Abhängigkeit von Gas und Öl (zusammen ca. 75%) zeigt die Notwendigkeit einer Diversifizierung hin zu nachhaltigeren Energiequellen. Kohle, eine stark umweltbelastende Energiequelle, wird heute kaum noch zur Beheizung eingesetzt und lediglich in 0,2% der Haushalte genutzt. Holz und Holzpellets werden in 4,1% der Wohnungen verwendet. Biomasse (ohne Holz) und Biogas stellen einen marginalen Anteil von 0,1% dar.
Moderne und umweltfreundliche Technologien wie Solarenergie, Geothermie und Wärmepumpen werden in etwa 2,7% der Haushalte, insb. im Bereich der Einfamilienhäuser verwendet. Strom als Energieträger wird in 2,6% der erfassten Wohnungen verwendet.
Fernwärme wird in 15,1% der Haushalte eingesetzt, hier v.a. in verdichteten Gebieten. Fernwärmenetze spielen eine Schlüsselrolle bei der Wärmewende, da sie eine effiziente und kostengünstige Versorgung mit grüner Wärme ermöglichen und es grundsätzlich erlauben, eine große Zahl von Gebäuden auf einen Schlag von fossilen auf klimaneutrale Energieträger umzustellen. Allerdings werden die meisten Wärmenetze im Jahr 2022 noch mit fossilen Brennstoffen betrieben. Der hohe Anteil fossiler Energieträger in der Fernwärmeerzeugung (derzeit etwa 82,5%) muss jedoch durch den Einsatz erneuerbarer Energien und die Nutzung industrieller Abwärme ersetzt werden. Zur Unterstützung dieser Umstellung fördert die Bundesregierung bestehende Netze mit dem Instrument eines BEW Transformationsplans, der den aktuellen Zustand der Fernwärmenetze analysiert und darstellt, welche Technologien und Schritte erforderlich sind, um die Wärmeversorgung klimaneutral zu gestalten.
Insgesamt zeigt die Auswertung der Zensusdaten zur Beheizung eine starke Dominanz fossiler Brennstoffe, insbesondere Gas und Heizöl, während nachhaltigere Lösungen wie Solarenergie, Geothermie und Biomasse noch unterrepräsentiert sind. Diese Verteilung bietet wichtige Hinweise für zukünftige energiepolitische Maßnahmen und die Notwendigkeit, den Ausbau erneuerbarer Energien im Wohnsektor weiter voranzutreiben.
Es sei darauf verwiesen, dass die Zensusdaten lediglich Stückzahlen, keine Energiemengen darstellen, und dass mögliche Fehler und Ungenauigkeiten durch fehlerhaftes Ausfüllen der Fragebögen nicht vollständig ausgeschlossen werden können.
Nutzung von Zensus in der Kommunalen Wärmeplanung:
Der Zensus 2022 stellt eine wichtige Ergänzung der Eingangsdaten für die kommunale Wärmeplanung (KWP) dar, insbesondere zur Nutzung in einem vereinfachten, aber weniger genauen Verfahren. Die räumlichen Daten zu Gebäudealter und -struktur bieten wertvolle Informationen, um die Planung und Umsetzung von Wärmenetzen zu unterstützen. Allerdings enthält der Zensus keine Informationen über den tatsächlichen Wärmebedarf, der für die Ausweisung von Wärmenetzprüfgebieten entscheidend ist. Dieser kann über die Nutzung von Verbrauchsdaten ermittelt werden und somit die Qualität der KWP erhöhen.
Zudem sollten die Zensusdaten durch die detaillierten Informationen aus den Kehrbüchern der Schornsteinfeger ergänzt werden. Diese liefern Angaben über das Alter der Heizungsanlagen sowie die installierte Leistung, was eine genauere Bewertung des Sanierungsbedarfs und der Planung von Wärmenetzen ermöglicht. Ein besonderer Vorteil der Schornsteinfegerdaten ist das Heizungsalter, das es ermöglicht, abzuschätzen, ob und wann die Eigentümer beispielsweise bereit wären, sich an ein Wärmenetz anzuschließen.
Der Zensus bietet eine punktuelle Erhebung für einen festen Zeitraum. Allerdings ändert sich gerade in den letzten Jahren die Beheizungsstruktur kontinuierlich. In diesem Punkt können die Zensusdaten durch aktuellere Daten von Netzbetreibern, Kommunen und Schornsteinfegern ergänzt werden. Diese aktuellen Datenquellen liefern kontinuierlich aktualisierte Informationen, die die Planung und Umsetzung der Wärmewende auf kommunaler Ebene unterstützen können.
Insgesamt bietet der Zensus 2022 eine wertvolle Grundlage für die kommunale Wärmeplanung, die durch zusätzliche Datenquellen erweitert und aktualisiert werden kann, um eine umfassende und effektive Strategie zur Dekarbonisierung des Wärmesektors zu entwickeln.
Fazit für die Wärmewende:
Die Wärmewende ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit und die Daten zeigen: Wir stehen noch ganz am Anfang. Die Ergebnisse des Zensus 2022 sind ein wertvolles Werkzeug, um diese Aufgabe effektiv anzugehen. Sie liefern entscheidende Daten, die für die Planung und Umsetzung der Wärmewende unerlässlich sind.
Die Daten des Zensus 2022 verdeutlichen die immense Abhängigkeit von fossilen Energieträgern im Wärmesektor: fast 90% der Haushalte werden heute noch fossil beheizt, nur ein kleiner Anteil nutzt erneuerbare Energien. Diese Zahlen unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die Wärmewende voranzutreiben, lokale Emissionen zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien in der Wärmeversorgung signifikant zu erhöhen. Die detaillierten Zensusdaten bieten eine wertvolle Grundlage, um gezielte Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Wärmesektors zu planen und umzusetzen.
Zudem zeigt der Zensus, dass ein Großteil der Gebäude dezentral versorgt wird und nicht über Wärmenetze verfügt. Nur etwa 15% der Gebäude sind an Fernwärmenetze angeschlossen. Die kommunale Wärmeplanung wird somit zu einer Schlüsselanalyse, um herauszufinden, wo sich perspektivisch Wärmenetze eignen und welche Gebiete besonders von einer solchen Infrastruktur profitieren können. Für die dezentral versorgten Gebäude muss auf effizientere und dekarbonisierte Heizlösungen gesetzt werden.
Der Zensus 2022 ist ein hilfreicher Datensatz, der uns viele neue Erkenntnisse bietet. Wir freuen uns darauf, in den kommenden Wochen weitere interessante Details zu entdecken und zu analysieren. Bleiben Sie gespannt auf unsere weiteren Analysen und Einblicke.
Quellen:
- Zensus 2022
- wärmewende.de (2024): Technologien
- Burkhardt, A. & Blesl, M. (2023): Analyse: Wandel der Fernwärme im Kontext des Kohleausstiegs und der aktuellen Gaskrise.
- iea (2023): District Heating